25.10.2020
Biografien

Jean Pierren (JP) Kraemer: Ich bin Jean Pierre und angstgetrieben

Trotz schwierigster Startbedingungen hat Jean Pierre Kraemer es geschafft, eine erfolgreiche Firma zu gründen. Wie hat er das gemacht?
David Werner
Inhaltsverzeichnis

„Ich bin ein einsamer Mann auf der Suche nach mir selbst. Ein einsamer Mann, der nicht anecken und niemanden zur Last fallen will, und es dennoch immer wieder tut.

(Quelle: Jean Pierre Kraemer, "ANGSTGETRIEBEN.", S. 297)

So beschreibt sich Jean Pierre Kraemer selbst in seiner Autobiografie „ANGSTGETRIEBEN.“, in der er seine Lebensgeschichte offenbart. Wie JP tickt und wie er es geschafft hat, erfolgreich zu werden, schauen wir uns in der heutigen Buchvorstellung an.

Frühe Kindheit

Jean Pierre Kraemer kommt am 12 .September 1980 sechzig Kilometer südöstlich von Dortmund in der kleinen Stadt Plettenberg zur Welt. JP ist durch eine Urlaubsaffäre seiner Mutter auf den Bahamas entstanden.

Allerdings ist JPs alleinerziehende Mutter komplett mit der Situation überfordert und deshalb bringt seine Schwester ihn im Alter von fünf Monaten zu seinem leiblichem Vater auf die Bahamas. Sein Vater hatte von Anfang an klar gemacht, dass er keine Lust auf ein Kind hat, sodass JP dann bei einer wohlhabende Deutschen aufwächst. Dort bleibt er dann etwa eineinhalb Jahre, bis ihn seine Mutter wieder zurück nach Deutschland holt.

Die Situation der Mutter hatte sich in der Zwischenzeit allerdings nicht verbessert. Deshalb ist Jean Pierre dann im Kindergarten zum Beispiel auch immer derjenige, der als letzter abgeholt wird. Allgemein schenkt ihm seine Mutter auch keine Liebe oder Herzlichkeit und kümmert sich lieber um ihre Pferde als um ihren Sohn. Dazu kommt dann noch, dass sich die finanzielle Situation immer weiter verschlechtert und die beiden oft umziehen. Dadurch lernt JP, dass er seiner Mutter nicht vertrauen kann und verliert zusehends den Respekt vor ihr. Er entwickelt eine Abneigung gegen seine Mutter und sieht sie eher als eine Fremde, die ab und zu zu Besuch kommt, weil seine Mutter oft nicht daheim ist.

Schlimmer wird es dann, als seine Mutter einen neuen Freund namens George hat, der sie verprügelt und misshandelt. JP verspürt allerdings zu dieser Zeit kein Mitleid oder Empathie mit seiner Mutter. Und bis heute ist es schwierig für ihn, Empathie in Worte zu fassen.

Allerdings verbessert sich die Lebenssituation von JP durch George auch teilweise, weil er zum Beispiel dafür sorgt, dass die leere Wohnung mit Möbeln gefüllt wird. Außerdem nimmt er JP zum Beispiel zu Flugshows mit.

Nachdem seine Mutter George dann verlassen hat, ist JP teilweise tagelang auf sich alleine gestellt, sodass manchmal seine 20 Jahre ältere Schwester auf ihn aufpasst. Doch auch sie will sich nicht so recht um ihn kümmern und deshalb verbringt er, wenn er bei ihr ist, viel Zeit im Comicladen oder wird in einer Eisdiele abgesetzt, wo er in seine Gedankenwelt abtauchen kann.

Die finanzielle Situation der Mutter verschlechtert sich immer weiter, sodass sie sogar anfängt, bei den Eltern von JPs Schulfreunden Geld zu leihen. Zusammen mit weiteren Punkten führt das dazu, dass JP dann einen regelrechten Hass auf seine Mutter entwickelt.

Sommerferien auf den Bahamas

Während den Sommerferien ist JP übrigens meistens bei seinem Vater auf den Bahamas. Allerdings sieht sein Vater JP auch eher als Pflichtaufgabe und deshalb ist er auch auf den Bahamas oft einsam und viel auf sich alleine gestellt. Dort entwickelt JP übrigens auch durch Comedyserien seinen Humor und seine Liebe zu Hunden. Diese Liebe ist bei JP sehr tief verankert, weil sie bedingungslos ist und sie ist sogar größer, als die Liebe zu Autos oder Menschen.

Außerdem hat er zu dieser Zeit die Möglichkeit, seinen Vater bei der Arbeit als Immobilienmakler zu begleiten und lernt dadurch sehr viel und hat auch die Möglichkeit mit Promis in Kontakt zu kommen.

Allerdings gibt es auch dort sehr schwierige Familienverhältnisse, bei denen Selbstmorde und exzessiver Drogen- und Alkoholkonsum keine Seltenheit sind. Übrigens hat JP durch seinen Vater auch einen Halbbruder und eine Halbschwester.

Jugend

Zwar weiß JP nicht viel über seine Familie und hat auch nicht sehr viele Erinnerungen an seine Kindheit, trotzdem hat sie ihn sehr stark geprägt. Beispielsweise wurden Geburtstage oder Weihnachten bei Familie Kraemer nicht gefeiert. Und JP bekam auch keine Geschenke zu diesen Anlässen. Deshalb mag er diese Feste auch bis heute nicht und kann es bis heute nicht würdigen, etwas geschenkt zu bekommen.

Auch war JP in seiner Kindheit sehr oft einsam und auf sich selbst gestellt und musste beispielsweise oft selbst für sich kochen. Und deshalb bezeichnet er sich auch selbst nicht als geselligen Mensch, auch wenn das in den Videos teilweise etwas anders rüberkommen kann. Und weil es in seiner Kindheit auch keine Bücher gab, lernte er einfach kurzerhand den Modellbaukatalog auswendig.

Er merkt schnell, dass er anders tickt als die anderen Kinder. In seinem Verstand konstruiert er immer Pläne und überlegt sich, wie er Produkte optimieren kann, um das Maximale herauszuholen. Seine Technikliebe wird auch dadurch gestützt, dass Technik eine Konstante ist und ihn nie enttäuscht.

In seiner Kindheit interessiert er sich vor allem für alles, was sich bewegt. Beispielsweise für Modellbau. Die Liebe zum Tuning entwickelt JP erst später.

Während seiner Schulzeit fängt JP auch an Basketball bzw. Streetball zu spielen und nimmt auch bei einigen Turnieren teil. Ihm geht es dabei aber gar nicht unbedingt ums Gewinnen, sondern um den Spaß. Dort findet er auch bei einer Clique von Drogen- und Alkoholsüchtigen eine Art Familienersatz. Allerdings hatte er nie das Bedürfnis, selbst etwas zu konsumieren, weil er nichts macht, das seine Sinne vernebelt oder seine Wahrnehmung verändert. Und auch bis heute hat er eine Abneigung gegen Rauchen, Alkohol und Drogen.

Mit 14 Jahren hat JP dann seine erste Freundin. Er ist also schon zu Beziehungen mit Menschen fähig, trotzdem empfindet er die Kontaktaufnahme mit fremden Menschen als Bedrohung und möchte deshalb nicht auf der Straße von Fans angesprochen werden.

Mit 17 Jahren zieht er in seine erste eigene Wohnung und bricht schließlich den Kontakt zu seiner Mutter komplett ab. Und obwohl er mit der Schule nicht viel anfangen kann, macht er sein Abitur mit einem Schnitt von 3,7.

Ausbildung bei Stephan Höckmann

Nach seiner Schulzeit erledigt JP kleinere Jobs für Stephan Höckmann, Vater seiner damaligen Freundin und Geschäftsführer des Porsche-Zentrums in Dortmund. Und obwohl JP nicht wirklich viel vorzuweisen hat, bekommt er von ihm einen Vertrauensvorschuss und beginnt dort ein Betriebspraktikum und macht schließlich seine Ausbildung zum Automobilkaufmann.

Von Anfang an ist JP kein typischer Azubi, sondern eher der Assistent von Stephan Höckmann und kann so sehr viel über das Geschäftsleben und Menschenführung lernen.

Depressionen

Während dieser Zeit verstärken sich allerdings JPs Depressionen, die er bereits im Alter von etwa 10 Jahren entwickelt hat, was aber nicht unbedingt mit seinen damaligen Lebensverhältnissen zusammenhängt.

Deshalb hat JP während seiner Ausbildung mit Selbstmordgedanken zu kämpfen. Er entscheidet sich aber vor allem aus zwei Gründen dagegen: Zum einen weil er Hilfe bekommt – und das nicht nur von Stephan Höckmann – sondern von einem Psychologen.

Der zweite Grund: Angst. Nicht die Angst vor dem Tod, denn JP hat kein wirkliches Selbstwertgefühl und gibt auch nicht viel auf sein Leben. Sondern weil er niemanden zur Last fallen möchte – schließlich gibt es immer jemanden, der den Selbstmörder findet.

Außerdem konfrontiert er sich zu dieser Zeit auch mit harten Fragen des Lebens. Sein Antrieb ist die Angst, dahin zurückzufallen, wo er herkommt und das Streben danach, Menschen glücklich zu machen. Das erreicht er heutzutage zu einem durch sein Unternehmen und seine Videos, aber auch indem er spendet. Zwar überwindet JP dann schließlich seine Depression – unter anderem indem er jahrelang Medikamente nimmt – es bleibt aber eine gewisse Grundtraurigkeit.

Der Weg in die Selbstständigkeit

Durch seine Ausbildung beginnt sich JP mehr für die Thema Tuning und Motorsport zu interessieren und entwickelt eine tiefe Markenliebe für Porsche. Schließlich wechselt er zu 9ff und vertieft dort seine Tuning-Kenntnisse. Nach zweieinhalb Jahren verlässt er die Firma aber wegen eines Streits und gründet zusammen mit Sydney Hoffmann im Alter von 26 Jahren die Tuning-Firma „Five Star Performance“.

Die beiden kennen sich bereits seit dem Grundschulalter. Allerdings gibt es immer wieder Probleme zwischen den beiden. Diese werden durch ihre Fernsehkarriere, die 2009 startet, verstärkt. Deshalb entscheidet sich JP dazu, eine eigene Firma aufzubauen und gründet 2012 (in der Nähe des Dortmunder Flughafens) JP Performance. Durch die Trennung zerbricht die Freundschaft der beiden dann komplett.

Zu dieser Zeit beginnt JP auch mit dem Drehen von YouTube-Videos. Aus Spaß und um sich von den Zwängen des Fernsehens zu befreien. Mittlerweile ist der Kanal mit knapp 2 Millionen Abos und bald einer Milliarde Views in Deutschland der erfolgreichste in seiner Branche.

Außerdem fährt JP in diesem Jahr zum ersten Mal beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring mit. Ihn reizt dabei vor allem die extreme Belastung für Mensch und Maschine. Allerdings wird er seine Rennfahrerkarriere 2014 wieder einstellen, weil die Verantwortung für seine Firma und seine Unternehmen zu groß geworden sein wird.

2012 begeht JPs Mutter Selbstmord, indem sie sich mit ihrem Auto auf ein Zuggleis stellt. Von ihrem Tod ist JP allerdings wenig betroffen, denn für ihn war sie bereits früher gestorben. Nach der Beerdigung erfährt JP auch, dass er den richtigen Namen seiner Mutter gar nicht kannte.

2015 erfolgt dann der Umzug in Gebäude Nummer 1, das sich JP selbst ausgedacht hat. Denn neben Technik ist die zweite Leidenschaft von JP Architektur. Bei seinen Firmengebäuden steht vor allem Funktionalität im Vordergrund.

Ende 2016 startet JP dann seine eigene Comedy-Show mit dem Titel „PS: ICH LIEBE EUCH“. Die Tour ist ein voller Erfolg, trotzdem bezeichnet sie JP als einen seiner größten Fehler im Leben. Denn wie er feststellt mag er es nicht, auf der Bühne zu stehen und die starke psychische Belastung führt auch dazu, dass zu dieser Zeit seine Depression wieder aufbricht.

Im August 2017 eröffnet dann Gebäude 2 mit Big Boost Burger, weil sich laut JP Tuning und Burger sehr gut verbinden lassen. JPs Ziel ist es, das bestmögliche Produkt zu einem niedrigen Preis anzubieten. Dieses Ziel verfolgt JP auch bei seiner Klamottenbrand, bei der pro Jahr mehrere Kollektionen erscheinen. Die Gewinne werden dabei immer wieder reinvestiert, beispielsweise in die Videos.

Danach kommt dann noch Gebäude 3 an der LaSiSe dazu, womit JP nun auch die Möglichkeit hat, seine Umbauten auf der Rennstrecke zu testen.

JPs Leben

Die meisten seiner Ideen hat JP übrigens beim Duschen. Das ist für ihn auch eine seiner wichtigsten Energiequellen. Außerdem tanzt und singt er gerne und malt abends auch gerne mal ein Kinderbuch aus.

Sein wichtigster Grundsatz ist, ehrlich zu sich selbst zu sein. Außerdem sollte man laut JP versuchen, ein guter Mensch zu sein. Er selbst ist zum Beispiel sehr auf das Gemeinwohl getrimmt. Für ihn ist die Komfortzone eine Pest und Faulheit das Grundübel der Gesellschaft. Der Schlüssel zu Erfolg ist seiner Meinung nach vor allem Disziplin.

Er sieht sich selbst auch nicht als erfolgreich an, denn zwar läuft es für beruflich sehr gut und hat die Verantwortung für knapp 75 Mitarbeiter. Sich selbst bezeichnet er aber als verkümmert. Beispielsweise ist er nicht gesellschaftsfähig und lädt auch keinen zu sich nach Hause ein.

Der engste Vertraute für JP ist Fabian Kubik, der bereits seit der Gründung von JP Perfomance dabei ist und ihn mittlerweile als Geschäftsführer ergänzt.

Zukunft

Natürlich hat er auch für die Zukunft noch einiges geplant: Gebäude 4 ist bereits in Planung und er möchte solange wie möglich Videos produzieren. Für seinen Privatbereich möchte er bedingungslose, echte Zufriedenheit spüren und seinen Kopf ins Gleichgewicht bringen, um nicht ständig so viel zu denken. Außerdem baut er momentan sein Privathaus, in dem sieben Jahre Planung stecken. Und er könnte sich auch vorstellen, in Zukunft ein Tierheim zu eröffnen.

Fazit

JP zeigt in seinem Buch eindrucksvoll, dass egal welche Vergangenheit man hat, man mit Fleiß und Willensstärke alles erreichen kann. Allerdings sollte man natürlich nicht vergessen, dass es eine Autobiografie ist und damit seine Sicht der Dinge widerspiegelt.

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