Laut New York Times ist er der aktuell einflussreichste Vordenker unserer Zeit. Gemeint ist Jordan B. Peterson. Mit seinem Buch „Beyond Order – Jenseits der Ordnung: 12 weitere Regeln für das Leben*“ knüpft Peterson an sein bereits sehr erfolgreiches Vorgängerbuch „12 Rules for Life: Ordnung und Struktur in einer chaotischen Welt“ an. Zu diesem Buch gibt es übrigens auch schon eine Vorstellung auf diesem Blog, die ihr hier findet. Wenn ihr die Zusammenfassung noch nicht gelesen habt, holt das unbedingt nach.
Mein Name ist David und heute schauen wir uns Petersons 12 weitere Regeln an, die sich aber nicht wie die Regeln im ersten Buch auf die Folgen von zu viel Chaos und den Umgang damit konzentrieren, sondern es geht hier um das Gegenteil: Die Folgen von zu viel Ordnung und wie man sie löst.
Jenseits der Ordnung
Ordnung ist das, was Peterson als "erforschtes Terrain" bezeichnet, in dem die Dinge, die geschehen, vorhergesagt werden können und in vielen Fällen auch erwünscht sind.
Chaos bedeutet Unvorhersehbarkeit, Neuartigkeit und Störung. Wenn es also zu viel Ordnung gibt - zum Beispiel im Totalitarismus - muss man über die Ordnung hinausgehen und sich in den Bereich des Chaos begeben, um Erneuerung zu finden.
Dazu schreibt Peterson:
"Weil unser Verständnis stets unzureichend ist […], müssen wir mit einem Bein in der Sphäre der Ordnung stehen und das andere vorsichtig und versuchsweise in den Bereich jenseits davon ausstrecken. […] Dieser Instinkt des Suchens nach Sinn […], der uns Orientierung ermöglicht im Leben, damit wir nicht überwältigt werden von dem, was jenseits von uns liegt oder, was ebenso gefährlich wäre, ins Lächerliche entstellt oder verkümmert ist durch überholte, verengte oder zu hochmütig zur Schau gestellte Werte- und Glaubenssysteme."
Regel 1
Machen Sie soziale Einrichtungen oder gestalterisches Wirken nicht gedankenlos schlecht
Laut Peterson müssen Liberale erkennen, dass soziale Einrichtungen aus einem bestimmten Grund existieren. Alleine schon die Tatsache, dass sie sich über lange Zeiträume halten konnten, zeigt, dass sie viele Vorteile bieten. Gleichzeitig müssen aber auch Konservative offen für neue Ideen und Denkweisen sein.
Diejenigen, die versuchen unsere Gesellschaft zu verbessern oder zu erneuern, dürfen nicht ausgegrenzt werden. Wir müssen erkennen und akzeptieren, dass die Welt sich verändert und wir uns damit anpassen müssen.
Normalerweise gibt es in einer Gesellschaft eine Hierarchie von unten nach oben. Diese Struktur ermöglicht es, Einfluss auf die Welt zu nehmen – unter der Voraussetzung, dass man das Gleichgewicht der Gesellschaft akzeptiert. Sobald man das gemacht hat, kann man für wichtige Probleme nach vorteilhaften Lösungen suchen, die wiederholt werden können.
Wenn man die Regeln und die Notwendigkeit sozialer Institutionen versteht und weiß wie sie verhindern, dass das Chaos gewinnt, man aber trotzdem denkt, dass eine Ausnahme notwendig ist, dann ist das ein wohlüberlegter moralischer Akt.
Wenn man aber den Wert und die Notwendigkeit von Regeln (Ordnung) nicht anerkennt und sie leichtfertig verletzt, bricht man die Tradition und die Stabilität, was Konsequenzen nach sich ziehen wird.
Regel 2
Stellen Sie sich vor, wer Sie sein könnten, und arbeiten Sie dann zielstrebig darauf hin
In der Alchemie glaubte man, dass man das Urelement in alles verwandeln kann – sogar in Gold. Und Jordan Peterson glaubt, dass es auch mit unserem Leben ähnlich läuft. Sprich: Es gibt so viele Möglichkeiten, was aus uns werden kann. Und mit einer Vision und engagiertem Handeln kann man sich zu der Person formen, die man gerne sein möchte.
Als erstes sollte man eine Vision finden, die einen antreibt. Vielleicht wollte man ja schon immer einen Roman schreiben oder einen eigenen YouTube-Channel starten.
Auf dem Weg zu einem neuen Leben lauern aber auch viele Gefahren und Chaos. Dabei ist es ganz natürlich, dass wir Angst haben. Diesen Ängsten, die einen zurückhalten, muss man sich stellen und konzentriert auf seine Vision hinarbeiten. Dann lernt man mit der Zeit diese Herausforderungen zu meistern und der Held der eigenen Geschichte zu werden.
Regel 3
Verstecken Sie Unerwünschtes auf keinen Fall im Nebel
Das Leben ist vor allem das, was sich wiederholt und deshalb lohnt es sich, diese Dinge richtig zu machen. Passt einem etwas nicht, wie zum Beispiel dass man das Mittagessen auf viel zu kleinen Tellern ist, sollte man das sofort ansprechen. Wir Menschen neigen aber dazu, Diskussionen und Streitereien über scheinbar unbedeutende Dinge zu vermeiden. Das kann aber ziemlich ungesund sein, denn dadurch dass sich diese Dinge wiederholen, wird schnell aus einem kleinen Problem ein sehr großes.
Wenn man alle Gefahren, Hindernisse und auch Chancen im Nebel verborgen lässt, wird das einen früher oder später begraben. Es wird in der Dunkelheit wachsen und einen überwältigen, aber man wird nicht mehr die Energie haben, sich um alle Probleme gleichzeitig zu kümmern. Deshalb ist es besser, sich den Dingen gleich zu stellen und das Problem sofort zu klären.
Regel 4
Beachten Sie, dass Möglichkeiten schlummern, wo Verantwortung abgelehnt wurde
Wenn wir auf unser Leben und unsere Leistungen zurückschauen und überlegen, was wir davon am meisten geschätzt haben, sind es meist Dinge, die schwierig zu erreichen waren. Laut Peterson lässt sich Sinn darin finden, dass man Verantwortung übernimmt – und dazu gehört auch ein gewisses Maß an Schwierigkeit.
Enttäuschung kann ein Anzeichen dafür sein, dass man seine Verantwortung abgegeben hat. Wenn einen etwas ärgert, verbittert oder frustriert, hat man jederzeit Möglichkeit, es zu ändern und die Verantwortung zu übernehmen.
Verantwortung zu übernehmen bietet einem die Chance, sich in Bereichen zu beweisen, in denen andere aufgegeben haben. Wenn wir die notwendige Arbeit leisten, eröffnen sich uns im Normalfall mehr Möglichkeiten. Das gleiche gilt, wenn wir die Freuden von heute opfern, um morgen mehr Vorteile zu haben. Denn nicht ist vergleichbar mit dem Gefühl, seine Ziele erreicht zu haben.
So gewaltig Verantwortungen auch sein mögen, sie führen zu mehr Glück.
Regel 5
Tun Sie nichts, was Sie verabscheuen
Wir tun Dinge, weil wir sie für wichtig halten und das, was wir schätzen, sehen wir als erstrebenswert an. Es ist also das Opfer wert. Diese Wertschätzung motiviert uns zum Handeln, auch wenn das Handeln schwierig und gefährlich ist. Wenn wir etwas Dummes oder Sinnloses tun müssen, steht das im Widerspruch zu all dem und wir verletzen uns in gewisser Weise selbst. Dazu gehört bspw. auch, dass man keinen Job macht, den man hasst.
Regel 6
Geben Sie Ideologien auf
Ideologien vereinfachen komplexe Zusammenhänge ziemlich. So sind dann bspw. einfach die Reichen die Ursache von allem Bösen. Solchen Ideologien zu glauben ist natürlich ziemlich einfach und bequem. Allerdings spiegeln sie nicht die Realität wieder.
Zwar sollten wir Menschen und ihre Ideen bewundern, ihnen aber nicht einfach blindlings folgen, sondern sie auch hinterfragen. Generell sollten andere Meinungen oder Ideen respektiert werden, statt sie direkt zu akzeptieren oder abzulehnen.
Peterson schlägt generell vor, erst einmal zu schauen was man auf individueller Ebene machen kann, bevor man sich an große Probleme der Menschheit ran wagt. Also einfach mal ein wenig Demut walten lassen und sein Zimmer aufräumen oder sich gut um seine Familie kümmern. Diese individuellen Verantwortlichkeiten geben dem Leben auch ohne Gott und Ideologien einen Sinn und sorgen dafür, dass man sich erfüllt fühlt.
Regel 7
Arbeiten Sie so hart, wie Sie können, an mindestens einer Sache und sehen Sie, was passiert
Unter Druck entstehen Diamanten. Dieses Sprichwort kennt ihr wahrscheinlich und Peterson benutzt es auch, um hervorzuheben, wie wichtig es ist an einer Sache hart zu arbeiten. Dabei braucht man Ziele und eine Richtung, die man anstrebt. Hat man das nicht, treibt man einfach nur herum.
Aufgrund seiner Erfahrungen in der klinischen Praxis vertritt Peterson die Ansicht, dass Engagement die Menschen in die richtige Richtung treibt. Engagement in Form eines Studiums, eines Jobs, einer Beziehung und so weiter. Das muss nicht perfekt sein, aber jegliche Form von Engagement ist besser als kein Engagement und Opferbereitschaft. Und die schlechteste Entscheidung ist keine Entscheidung zu treffen.
Regel 8
Versuchen Sie, ein Zimmer in Ihrem Zuhause so schön wie möglich zu machen
Diese Regel baut gewissermaßen auf Regel 6 aus dem ersten Buch auf: Bringe dein eigenes Haus in Ordnung, bevor du die Welt kritisierst.
Es ist nicht einfach etwas Schönes zu schaffen, aber es lohnt sich. Zwar kann Schönheit auch beängstigend sein und unsere eigene Unvollkommenheit aufzeigen, aber ein schöner Raum kann auch als Motivation dienen. Denn laut Peterson kann uns Schönheit zeigen, wie die Welt sein könnte. Und ein aufgeräumtes bzw. schönes Zimmer kann uns dazu motivieren, in die unvollkommene Welt hinauszugehen und sie zu verbessern.
Regel 9
Wenn alte Erinnerungen Sie noch immer quälen, schreiben Sie diese mit Sorgfalt vollständig nieder
Wenn wir unsere Vergangenheit nicht richtig geordnet haben und wir immer noch ungelöste Probleme haben, kann sich das negativ auf unser jetziges Leben auswirken. Am besten verarbeitet man diese Emotionen, indem man sie sorgfältig und detailliert aufschreibt.
So kann man sich seinen Emotionen stellen und sie davon abhalten, unsere heutigen Entscheidungen zu beeinflussen. Wenn man von einer Erinnerung immer noch emotional beeinflusst wird, hat man sie nicht vollständig verarbeitet.
Regel 10
Planen und taktieren Sie mit Bedacht, um die Romantik in Ihrer Beziehung aufrechtzuerhalten
Laut Peterson braucht man für die gesamte Beziehung eine Strategie. Der Erfolg dieser Strategie hängt davon ab, wie gut man verhandelt und zuhört. Dazu muss man aber erst einmal wissen, was man überhaupt will und muss auch bereit sein, mit dem Partner darüber zu sprechen. Oft werden die Wünsche aber ziemlich vage gehalten oder erst gar nicht kommuniziert. So kann die andere Person aber natürlich erst gar nicht wissen, was einen eventuell stört.
Wenn man nicht verhandelt, gibt es laut Peterson nur zwei andere mögliche Wege: Tyrannei oder Sklaverei. Beides keine gute Alternativen. Deshalb sein Praxistipp: Jede Woche mindestens 90 Minuten miteinander reden und die verschiedensten Dinge, die einen betreffen, besprechen.
Regel 11
Lassen Sie nicht zu, dass Sie verbittert, betrügerisch oder arrogant werden
Peterson beschreibt hier den Fall einer Patientin, deren Familie versucht hatte, das Kind vor allen negativen und bösen Dingen des Lebens zu schützen. Das hatte jedoch zur Folge, dass das Kind nicht auf die allgemeine Härte des Lebens vorbereitet war und nicht in der Lage war, mit den Verantwortlichkeiten des Lebens umzugehen. Die Lösung war, sich den Dingen auszusetzen und sie zu erforschen, die sie zu vermeiden versuchte.
Der beste Weg, um sich vor Groll, Betrug und Arroganz zu schützen, ist übrigens Zielstrebigkeit und Fleiß.
Regel 12
Seien Sie trotz der eigenen Leiden dankbar
Wir lieben Menschen, obwohl uns das ein oder andere an ihnen vielleicht nicht ganz passt. Und genau so sollte man laut Peterson auch das Leiden betrachten. Denn trotz unseres Leidens können wir dankbar für unsere Existenz sein und dafür, dass das Leiden unsere Erfahrungen von Liebe, Glück und Vertrauen besonderer macht. Dankbarkeit kann also ein Gegenmittel für die Dunkelheit sein.