Er gilt bis heute als unbestrittener Meister des Aktiengeschäfts. In seinem letzten Buch „Die Kunst, über Geld nachzudenken*“ zeigt André Kostolany seine Strategien. Mein Name ist David und heute schauen wir und an, wie diese Strategien genau aussehen, welche Faktoren die Kurse an der Börse beeinflussen und was es eigentlich mit dem Ei des Kostolany auf sich hat.
Verschiedene Börsenteilnehmer
André Kostolany bezeichnete sich selbst als Spekulant. Das ist einer von insgesamt 7 Börsenteilnehmern.
Börsenspieler
Nicht zu verwechseln ist das allerdings mit den Börsenspielern, die Kostolany als Hasardeure der Börse bezeichnet. Börsenspieler versuchen bereits kleinste Kursbewegungen auszunutzen. Sie kaufen also beispielsweise für 50 € eine Aktie, um dann direkt bei 52 € wieder zu verkaufen. Und dann geht es direkt weiter zur nächsten Aktie.
Laut Kostolany sind Börspenspieler wie Roulettespieler, die von Tisch zu Tisch laufen. Denn im Endeffekt steckt da keine Strategie oder Überlegung dahinter – auch wenn die Börsenspieler natürlich ihre Charts und Modelle haben.
Auch wenn laut Kostolany eigentlich jeder Börsenspieler nur Geld verliert, haben die Spieler eine positive Eigenschaft für den Markt: Denn sie sorgen für Liquidität.
Anleger
Das genaue Gegenteil der Spieler sind die Anleger. Sie kaufen also Aktien und halten sie über Jahrzehnte – oft als Altersvorsorge.
Laut Kostolany gehören die Anleger - im Gegensatz zu den Spielern - langfristig zu den Gewinnern.
Spekulanten
Spekulanten liegen zwischen den Börsenspielern und den Anlegern. Für Kostolany ist ein Spekulant jemand, der an der Börse überlegt handelt und versucht, die Entwicklung von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft richtig zu prognostizieren, um dann davon zu profitieren.
Spekulieren ist dabei aber keinesfalls ungefährlich. Denn Pleite und Gewinn liegen hier sehr nah aneinander. Um von Verlusten zu lernen, muss man diese analysieren. Dadurch sammelt man Erfahrung – und Erfahrung sei laut Kostolany das entscheidende bei einem Spekulanten.
Spekulieren ist aber keine Entwicklung des 20. Jahrhunderts. Denn laut Kostolany gibt es Spekulationen solange es Menschen gibt – was sowohl für die Vergangenheit als auch die Zukunft gilt.
Aber sollte man überhaupt auch zum Spekulanten werden?
Laut Kostolany hängt das von zwei Faktoren ab: vom Charakter und den materiellen Verhältnissen. Vielleicht habt ihr in diesem Zusammenhang schon mal folgenden Spruch von Kostolany gehört:
„Wer viel Geld hat, der kann spekulieren, wer wenig hat, darf nicht spekulieren und wer überhaupt kein Geld hat, der muss spekulieren“ (S. 33)
Dabei sollte das Geld zeitlich unbegrenzt verfügbar sein. Man sollte also zum Beispiel kein Geld investieren, das man in ein paar Monaten zum Hausbau braucht. Und vor allem sollte man seine Aktiengeschäfte niemals auf Kredit machen.
Denn es kann zwar sein, dass man mit seiner Theorie grundsätzlich richtig liegt. Trotzdem weiß man nicht genau wie lange es braucht, bis sich das auch im Kurs widerspiegelt. Und wenn man nicht warten kann, kann es natürlich passieren, dass man in der Zwischenzeit pleitegeht.
Womit spekulieren?
Spekulieren kann man natürlich nicht nur mit Aktien, sondern auch mit Anleihen, Rohstoffen, Währungen oder Sachwerten wie Briefmarken oder Immobilien. Laut Kostolany hat man aber mit Aktien die besten Chancen, wenn man sein Vermögen streut und auch große, solide Unternehmen kauft.
Zusammenhang zwischen Börse und Wirtschaft
Aber inwieweit hängen Börse und Wirtschaft eigentlich zusammen? Kostolany vergleicht das mit einem Mann, der mit seinem Hund spazieren geht. Es kommen zwar am Ende beide am gleichen Ort raus – währenddessen ist der Hund aber immer mal wieder in verschiedene Richtungen gelaufen und immer mal wieder zum Herrchen zurückgekehrt. Der Hund ist dabei die Börse und der Mann die Wirtschaft. Langfristig entwickeln sich Wirtschaft und Börse also in die gleiche Richtung – zwischendurch kann aber alles Mögliche passieren.
Da sich bei Aktien alles um Angebot und Nachfrage dreht, hängt eigentlich alles nur von einer Sache ab: Nämlich „ob es mehr Dummköpfe als Papiere oder mehr Papiere als Dummköpfe gibt.“
Langfristige Einflussfaktoren
Langfristig bestimmen laut Kostolany vor allem zwei Faktoren den Trend an der Börse:
- Krieg/Friede
- die langfristige wirtschaftliche Entwicklung
Mittelfristige Einflussfaktoren
Mittelfristig ist bei der Wirtschaft vor allem das Geld entscheidend, denn ohne kann die Wirtschaft nicht wachsen.
„Ka Geld, ka Musik“ (S. 91)
Es hat aber auch die Massenpsychologie Einfluss. Das Problem daran: Man kann sie nicht wirklich vorhersehen.
Wenn sowohl Geld als auch Psychologie positiv sind, steigen die Kurse und umgekehrt. Ist eins davon negativ, das andere positiv, dann heben sie sich gegenseitig auf – wobei Geld aber schwerer ins Gewicht fällt. Denn je nachdem ob Geld positiv oder negativ ist, entwickelt sich die Stimmung irgendwann in die gleiche Richtung.
Daraus leitet sich Kostolanys Formel ab: Geld + Psychologie = Tendenz
Einflussfaktoren auf die Geldentwicklung
Auf die Geldentwicklung haben dabei verschiedene Faktoren Einfluss:
- Konjunktur: Bei der Konjunktur kann es zu gegensätzlichen Entwicklungen kommen. Sprich: Die Kurse sinken trotz florierender Konjunktur und umgekehrt. Da Unternehmen in Hochphasen frisches Geld brauchen, werden da im Normalfall neue Aktien ausgegeben, während in einer Rezession oft Aktien zurückgekauft werden. Auch kann es passieren, dass die Menschen in einer Krise mehr sparen und das dann eventuell auch an der Börse investiert wird.
- Inflation: Laut Kostolany ist nicht die Inflation schlecht für die Börse, sondern der Kampf dagegen – also die Maßnahmen der Notenbanken, die durch die Zinsen die Geldmenge steuern.
- Deflation: Deflation ist laut Kostolany die größte Katastrophe der Börse, denn da flüchtet sich jeder in Bargeld. Das Geld wird also nicht investiert oder konsumiert. Und das verhindert Wachstum.
- Anleihen: Einfluss haben aber nicht nur die kurzfristigen Zinsen der Notenbanken, sondern auch die langfristigen Zinsen, die durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Sind die Zinsen sehr hoch sind, können Anleihen Aktien Konkurrenz machen, sodass am Aktienmarkt weniger Geld zur Verfügung steht.
- Devisen: Auch andere Währungen wie zum Beispiel der Dollar können indirekt Einfluss auf den Faktor Geld haben. Wird die Währung zu schwach droht eine importierte Inflation, was die Notenbank versucht auf dem Devisenmarkt auszugleichen, indem die eigene Währung gegen die fremde Währung gekauft wird. Reicht das nicht mehr aus, hilft nur noch eine Zinserhöhung.
Börsenpsychologie
Auch wenn sich die Börsenpsychologie laut Kostolany nicht vorhersagen, sondern bestenfalls erahnen lässt, teilt er in zwei verschiedene Gruppen ein:
- Zittrigen: Die Zittrigen sind vor allem die Börsenspieler, die oft panisch in einem Crash verkaufen und bei Höchstständen kaufen.
- Hartgesottenen: Die Hartgesottenen zählen langfristig zu den Gewinnern und ihre Gewinne werden durch die Zittrigen bezahlt.
Die vier G des André Kostolany
Hartgesottene verfügen über die vier G:
- Geld: Damit ist nicht die Höhe des Vermögens gemeint, sondern dass das Eigenkapital intakt ist und man keine Schulden hat. Generell ist es laut Kostolany verboten, Aktien auf Kredit zu kaufen.
- Gedanken: Damit ist gemeint, dass man überlegt handelt und Vorstellungskraft besitzt. Und von seiner Strategie sollte man sich nicht durch Freunde oder Kollegen abbringen lassen.
- Geduld: Man sollte also das Sitzfleisch haben, eine Aktie etwas länger zu halten und nicht direkt bei der kleinsten Kursbewegung wieder zu verkaufen.
- Glück
Laut Kostolany reicht es, wenn ein G fehlt – und man wird zum Zittrigen.
Wie der Markt auf schlechte oder gute Nachrichten reagiert, hängt laut Kostolany vor allem davon ab, ob die Aktien bei den Hartgesottenen oder den Zittrigen liegen. Liegen sie in den Händen der Zittrigen, haben positive Nachrichten keinen großen Einfluss, negative enden jedoch in einem Debakel. Umgekehrt ist es bei den Hartgesottenen.
Das Ei des Kostolany
Insgesamt gibt es laut Kostolany an der Börse nur drei Phasen:
- Korrektur
- Anpassung oder Begleitung
- Übertreibung
Und weil sich diese Phasen in einer Auf- und Abwärtsbewegung ständig abwechseln, stellt Kostolany sie in einem Kreis – oder besser gesagt in einem Ei – dar: Das Ei des Kostolany. Und das kann man natürlich auch dazu benutzen, um von fallenden Kursen zu profitieren.
Fangen wir am Tiefpunkt an. Hier will keiner was mit Aktien zu tun haben – außer natürlich die Hartgesottenen, die sich zu Spottpreisen mit Aktien eindecken.
Die erste Aufwärtsbewegung, die Korrektur, sorgt dafür, dass die Kurse auf ein realistisches Niveau angehoben werden. Gekauft wird wir aber immer nur noch von den Hartgesottenen. Begünstigt werden kann das zum Beispiel durch den Faktor Geld – beeinflusst von der Notenbank.
Jetzt kommen wir in die Phase der Begleitung. Hier entwickeln sich die Kurse bei leicht steigenden Umsätzen parallel zu den laufenden Ereignissen. Hier kaufen die Mischlinge aus hartgesotten und zittrig.
Durch weitere positive Ereignisse kann es passieren, dass man automatisch in die dritte Phase (Übertreibung) übergeht, die auch Milchmädchen-Hausse genannt wird. Hier ist die Stimmung rosig, die Kurse steigen sprunghaft und wer kauft hier? Genau: Die Zittrigen, die zuvor zu Tiefständen verkauft hatten. Diese Phase kann sehr lange anhalten – und zwar laut Kostolany so lange, bis alle Hartgesottenen ihre Papiere an die Zittrigen verkauft haben. Die Hartgesottenen halten also Geld, die Zittrigen haben dahingegen alles in die Börse gesteckt – teilweise auf Kredit.
Wird jetzt der Faktor Geld negativ, beginnt der Zusammenbruch und die Phasen laufen rückwärts ab: Als erste Abwärtsphase kommt die Korrektur. Die Kurse sind rückläufig und die Börsianer werden langsam aber sicher nervös.
Dann kommt die Begleitung. Die Stimmung ist angespannt, bis sie kippt und wir in der letzten Phase sind: Übertreibung. Alle wollen plötzlich raus aus Aktien – wie wenn jemand in einem vollen Raum „Feuer!“ ruft und alle aus einem Ausgang raus wollen. Das Ergebnis: Die Kurse rauschen nach unten. Bis dann wieder alles von vorne anfängt und die Hartgesottenen zu Ausverkaufspreisen einsteigen.
Antizyklisch handeln
Um als Spekulant erfolgreich zu sein, sollte man also zu den Hartgesottenen gehören und antizyklisch handeln. Wenn also niemand etwas mit Aktien zu tun haben will, sollte man einsteigen.
Die Kunst ist natürlich nur zu erkennen, in welcher Phase man sich gerade befindet. Das geht laut Kostolany vor alle durch Erfahrung, aber es gibt auch einige Hinweise.
Und zwar kann man einerseits darauf schauen, was nach guten bzw. schlechten Nachrichten passiert. Fällt bei schlechten Nachrichten der Markt nicht mehr, könnte das bedeuten, dass die Papiere bereits in den Händen der Hartgesottenen sind. Reagiert der Markt dahingegen nicht mehr auf positive Nachrichten, heißt das, dass der Markt überhitzt sein könnte.
Auch kann man auf die Umsätze schauen. Wenn der Markt mit kleinen Umsätzen steigt oder fällt, könnte das eine Fortsetzung des Trends bedeuten. Hohe Umsätze deuten dahingegen auf eine Trendwende hin.
Und natürlich kann man mal auf die allgemeine Stimmung schauen. Interessiert sich zum Beispiel plötzlich jeder für Aktien und die Medien meinen, man müsse jetzt unbedingt einsteigen, könnte das ein Hinweis auf eine Überhitzung sein. Und umgekehrt natürlich das gleiche.
Charakterstärke
Um aber gegen den Strom zu schwimmen, braucht man Charakterstärke. Nicht nur, dass man bei einem Crash die Nerven behalten muss, sondern man sollte auch konsequent seine Verluste begrenzen. Hat sich also etwas Fundamentales geändert und man würde die Aktie heute nicht noch einmal kaufen, hat sie nicht mehr im Depot zu suchen.
Informationen
Nachrichten, Tipps oder Gerüchte sollte man laut Kostolany mit äußerster Vorsicht genießen. Denn da die Börse zukünftige Ereignisse antizipiert, sind zum Beispiel die Geschäftsberichte bereits in den Kursen enthalten.
Viele Börsengurus nutzen laut Kostolany ihre Bekanntheit nur dafür, um sich selbst zu bereichern. Wobei es einen unfehlbaren Tipp gibt:
„Kaufet nicht verkauftet“ (S. 201).
Hier muss man nur noch das Komma selbst einfügen.
Richtige Aktien auswählen
Wie kann man jetzt aber passende Aktien finden? Zuerst einmal sollte der Faktor Geld positiv sein, damit der Trend nicht gegen einen läuft. Dann kann man Branchen herausfiltern, die in der Zukunft besonders profitieren könnten. Und daraus kann man dann die Aktien mit den höchsten Wachstumschancen heraussuchen – und zwar am besten vor der Masse.
Auch kann man auf Turnaround-Werte setzen. Also auf Unternehmen, die eigentlich kurz vor der Pleite stehen, aber bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie es noch schaffen, sich aus der Krise zu befreien.
Chartanalyse
Von Chartanalysen hält Kostolany wenig – denn das sind Kurse der Vergangenheit und damit sind sie für Zukunftsprognosen nicht wirklich geeignet. Bei Einzelaktien gibt es allerdings zwei Ausnahmen: Nämlich die M- und die W-Regel. Wenn der Aktienkurs sich wie ein M verhält, könnte das auf einen neuen Höchststand hinweisen, der nicht durchbrochen werden kann. Und beim W-Chart ist genau das Gegenteil der Fall.
Vermögensverwalter oder Investmentfonds als Alternative
Sollte man sich dazu entscheiden, dass man lieber in einen Investmentfonds investieren will, kann das auf jeden Fall eine Alternative sein. Allerdings sollte man nur bei Anlageberatern aufpassen, denn die sind meist nur auf ihre eigene Provision aus. Deshalb sollte man sich wenn schon einen Vermögensverwalter suchen, der seine eigenen Einkünfte von der Performance des Kunden abhängig macht.
Lehrgeld
Um eines wird man an als Spekulant allerdings so oder so nicht herumkommen: Lehrgeld zu bezahlen. Man sollte allerdings niemals versuchen, seine Verluste wieder wett zu machen. Was weg ist, ist weg. Stattdessen sollte man von Neuem anfangen.
Die 10 Ge-und Verbote von André Kostolany
Und damit ihr jetzt nicht direkt alles vergesst, habt ihr hier die 10 Ge- und Verbote von Kostolany zusammengefasst.