16.1.2022
Finanzen

Finanzfluss: Das einzige Buch, das Du über Finanzen lesen solltest

Welche Tipps zum Vermögensaufbau liefert Finanzfluss in dem einzigen Finanzbuch, das man lesen sollte?
David Werner
Inhaltsverzeichnis

Das einzige Buch, das Du über Finanzen lesen solltest

Unter diesem Motto haben Thomas Kehl und Mona Linke von Finanzfluss kürzlich ein neues Buch* veröffentlicht. Welche Tipps haben die beiden Autoren für uns parat und ist es tatsächlich das einzige Finanzbuch, das man fürs Leben braucht?

7 Denkfehler

Am Anfang decken die Autoren sieben finanzielle Denkfehler auf. Denn viele Menschen verlassen sich auf die staatliche Rente und darauf, dass sich die Politik schon um einen kümmern wird. Das ist laut Finanzfluss aber kein guter Weg. Sie plädieren dafür, die Finanzen in die eigenen Hände zu nehmen und sich nicht auf die staatliche Rente zu verlassen, wenn man auch im hohen Alter seinen Lebensstandard beibehalten will und nicht Altersarmut rutschen möchte.

Denn gerade der demografische Wandel sorgt dafür, dass das Umlageverfahren an seine Grenzen stößt. Beim Umlageverfahren wird das eingezahlte Geld direkt an die heutigen Rentner weitergereicht und nicht für einen selbst auf die Seite gelegt. Während in den 1960er-Jahren noch 6 Beitragszahler auf einen Rentner kamen, sind es mittlerweile nur noch 1,8. Und Prognosen zufolge soll das Verhältnis 2050 nur noch bei 1,3 liegen. Deshalb sollte man selbst privat vorsorgen.

Umlageverfahren

Geld ist dabei auch keinesfalls etwas verwerfliches, sondern neutral und man braucht auch keinen Finanzberater. Stattdessen ist man selbst für sich, sein Leben und seine Finanzen verantwortlich und kann da auch nicht einfach die Verantwortung auf die Politik abschieben.

Man sollte also lernen, sich selbst um seine Finanzen zu kümmern und dabei sollte man sich nicht von niedrigen Zinsen abschrecken lassen. Denn es gibt ja auch andere Wege als das Sparbuch.

Die 7 finanziellen Denkfehler zusammengefasst

  1. Die Rente wird schon irgendwie reichen
  2. Geld hat die Welt zu einem schlechteren Ort gemacht
  3. Gut mit Geld umgehen kann nur, wer es früh gelernt hat
  4. Die Politik wird schon für mich sorgen
  5. Die niedrigen Zinsen sind schuld, dass mein Geld sich nicht vermehrt
  6. Ohne Finanzberater geht es nicht
  7. Was alle machen, wird schon richtig sein

Ziele setzen

Bevor man jetzt aber direkt sein Sparbuch kündigt, sollte man sich konkrete Ziele setzen und sich fragen, was man denn eigentlich erreichen möchte. Ist das Ziel also, sich für die Rente abzusichern oder möchte man irgendwann als Digitaler Nomade um die Welt reisen? Diese Träume muss man dann noch in Zahlen verwandeln und schließlich eine monatliche Sparrate festlegen.

Trotzdem sollte man flexibel bleiben, seine Ziele regelmäßig überprüfen und gegebenenfalls die Sparrate anpassen. Gerade wenn man eine Gehaltserhöhung bekommt, ist es sinnvoll, davon die Hälfte direkt auf die monatliche Sparrate draufzuschlagen, damit der Lebensstandard nicht parallel zum Einkommen steigt.

Außerdem sollte man sich einen Überblick über seine Einnahmen und Ausgaben verschaffen. Also beispielsweise indem man ein paar Monate ein Haushaltsbuch führt und zum Beispiel nicht benötigte Versicherungen kündigt oder sich nach günstigeren Tarifen umschaut. Gerade wenn ein Schadensfall nicht die eigene Existenz bedrohen würde, lohnt sich eine Versicherung laut Finanzfluss nicht. Unnötig ist laut ihnen beispielsweise eine Handy-Versicherung oder eine Reisegepäckversicherung.

📁 Hier geht's zur Haushaltsbuch-Vorlage von Finanzfluss
►► https://www.finanzfluss.de/finanzfluss-haushaltsbuch

3-Konten-Modell nach Finanzfluss

Auch ist es sinnvoll, so früh wie möglich zu starten, um möglichst viel vom Zinseszinseffekt zu profitieren und man sollte das Sparen mithilfe des 3-Konten-Modells automatisieren. Dabei hat man folgende Konten:

3-Konten-Modell Finanzfluss

1. Gehalts-und Konsumkonto

Das ist normalerweise das Girokonto, auf das man sein Gehalt bekommt und von dem man seine Ausgaben bestreitet.

2. Notgroschenkonto

Dieses Tagesgeldkonto sollte gefüllt werden, bevor man mit dem Investieren anfängt. Empfohlen werden hier drei bis vier Monatsgehälter, um auch auf unvorhergesehene Situationen gut reagieren können – wie bspw. dass man plötzlich seinen Job verliert.

3. Vermögenskonto

Dieses Konto wird zum Investieren genutzt und kann zum Beispiel das Verrechnungskonto für das Depot sein.

Schulden

Was sollte man aber tun, wenn man Schulden hat? Da ist es laut Finanzfluss am sinnvollsten, zuerst die Schulden zurückzuzahlen und dann mit dem Investieren zu beginnen. Psychologisch kann es aber auch sinnvoll sein, parallel zum Schuldenabbau schon mit kleinen Summen das Investieren zu starten.  

Klassische Geldanlagen

Von klassischen Geldanlagen wie Sparkonten, Bausparverträgen, Lebensversicherungen, private Rentenversicherungen, Riester oder Rürup rät Finanzfluss eher ab. Denn diese Produkte lohnen sich aufgrund der hohen Kosten und niedrigen Zinsen, die meist nicht einmal die Inflation ausgleichen, im Normalfall nicht.

Eine Ausnahme davon können allerdings alte Verträge sein, die teilweise noch relativ hohe Zinsen bieten.

Immobilien

Sind Immobilien da eine bessere Anlage? Auf die Frage „Mieten oder kaufen?“ gibt es laut Finanzfluss keine universelle Antwort, da es sehr auf die Umstände an kommt. Laut ihnen zahlt es sich in vielen Fällen finanziell aber  nicht aus, in der eigenen Immobilie zu wohnen. Denn gerade beim Direktkauf sind die Kosten oft nur schwer abzuschätzen.

Um trotzdem von Immobilien zu profitieren, sind laut Finanzfluss Aktien von Immobilienunternehmen am sinnvollsten. Von Immobilienfonds und Immobilien-Investing per Crowdfunding raten sie aufgrund der hohen Risiken ab.  

Aktien & ETFs

Am besten für den Vermögensaufbau geeignet sind laut Finanzfluss Aktien, also Unternehmensbeteiligungen. Weil Einzelaktien aber sehr riskant sein können, empfehlen sie auf viele Aktien gleichzeitig zu setzen – und das geht am besten mit ETFs (Exchange Traded Funds). Das sind börsengehandelte Indexfonds, die einen Index wie den DAX nachbilden.

Wenn man auf den weltweiten Aktienmarkt setzt, kann man vor Inflation mit einer jährlichen Durchschnittsrendite von 7 % rechnen – also so war es zumindest die letzten 20 Jahre. Insgesamt gibt es fünf entscheidende Vorteile von ETFs:  

  1. Geringe Kosten (v.a. im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds)
  2. Maximale Diversifizierung (da man auf tausende Unternehmen aus den verschiedensten Branchen weltweit setzen kann)
  3. Emotionslos
  4. Liquide
  5. Für jeden geeignet (bereits ab einem Euro ist investieren möglich)

Zocken mit ETFs vs. Buy and Hold

Entscheidet man sich bspw. für ein Verhältnis von 50/50 (also 50 % Risiko und 50% Sicherheit), dann würde das ganze Portfolio nur um 10 Prozent sinken, wenn die ETFs um 20 Prozent gefallen sind. Dadurch erreicht man aber natürlich aut Finanzfluss Zeit mitbringen – sie empfehlen zum Beispiel eine Haltedauer von mindestens 15 Jahren.

Zocken sollte man wenn dann in einem extra Depot und nur mit Geld, das nicht für die finanziellen Ziele vorgesehen ist. Um erst gar nicht zum Zocken verleitet zu werden, sollte man das ETF-Sparen automatisieren und jeden Monat eine feste Sparrate investieren. Man braucht also nicht selbst nach passenden Aktien suchen, sondern macht einfach gar nichts – das klassische „Buy and Hold“ also. So profitiert man dann auf lange Sicht vom Aktienmarkt, aber macht natürlich auch keine Überrendite.

Risikoabschätzung

Bevor man jetzt aber einen ETF-Sparplan einrichtet, sollte man sich überlegen wie viel Risiko man haben möchte. Kann man also damit leben, wenn das Portfolio kurzzeitig 20, 30 oder auch 40 Prozent im Minus ist ohne panisch zu verkaufen (wie bspw. Anfang 2020)?

Kursdaten ETF während Corona-Crash

Wenn nicht, sollte man sich einen Sicherheitsbaustein einrichten, wo man ein Teil des Geldes nicht in ETFs, sondern beispielsweise in ein Festgeldkonto steckt.

Risikoabwägung: Sicherheitsbaustein vs. Renditebaustein

Entscheidet man sich bspw. für ein Verhältnis von 50/50 (also 50 % Risiko und 50 % Sicherheit), würde das ganze Portfolio nur um 10 Prozent sinken, wenn die ETFs um 20 Prozent gefallen sind. Dadurch erreicht man aber natürlich weniger Rendite. Sollte man also starke Nerven haben, kann man auch direkt 100 Prozent in Aktien-ETFs investieren und den Sicherheitsbaustein weglassen.

5 Möglichkeiten für ein Weltportfolio

Aber wie sollte man jetzt investieren? Finanzfluss zeigt da 5 verschiedene Vorgehensweisen:

5 Möglichkeiten für ein Weltportfolio nach Finanzfluss

1. All-in-one Portfolio

Damit kann man mit nur einem ETF die ganze Welt abbilden

Mögliche ETFs:

  • FTSE All World (ca. 8.700 Unternehmen)
  • MSCI ACWI (ca. 2.900 Unternehmen)

2. 70/30-Portfolio

Das zweite Portfolio ist ein klassisches 70/30-Portfolio, bestehend aus:

  • 70 % MSCI World (bildet etwa 1.600 Unternehmen aus Industrieländern wie den USA oder Deutschland ab)
  • 30 % MSCI Emerging Markets (enthält ca. 1.400 Unternehmen aus Schwellenländern)

3. 50/20/30-Portfolfio

Weil in den bisherigen Indizes die USA sehr stark gewichtet sind, kann man auch auf 50 % statt 70 % MSCI World setzen und dafür 20 % in den STOXX Europe 600 investieren, um Europa mehr zu gewichten. Weiterhin bleiben 30 % in den MSCI Emerging Markets investiert.

4. Dividenden-Portfolio

Für Dividenden-Fans gibt es an zum Beispiel den FTSE All World High Yield Dividend Index, der circa 1.600 Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländer abbildet, die normalerweise überdurchschnittliche Dividenden ausschütten.

5. Immobilien & Rohstoffe

Das letzte Modellportfolio beinhaltet 5 % Immobilienaktien und 5 % in Rohstoffe, die beide jeweils durch einen ETF abgebildet werden können. Die restlichen 90 % werden dann nach einer der anderen vier Varianten investiert.

Depotauswahl und Rebalancing

Jetzt braucht man nur noch ein Depot, um seine Karriere als Buy-and-Hold Investor zu starten. Dabei sollte man vor allem auf niedrige Kosten achten und darauf, welche Auswahl von sparplanfähigen ETFs angeboten werden. Und man sollte noch einmal pro Jahr das Verhältnis der verschiedenen Positionen überprüfen und gegebenenfalls rebalancen (also umschichten), wenn beispielsweise aus dem 70/30-Portfolio ein 90/10-Portfolio geworden ist.

Der richtige Zeitpunkt zum Starten

Der richtige Zeitpunkt zum Starten ist übrigens jetzt. Man ist also nicht zu jung oder zu alt zum Investieren. Damit die ETF-Strategie aufgeht, sollte man nur mindestens 15 Jahre Zeit mitbringen – dann braucht man auch keine Angst vor einem Crash haben.

Steuererleichterungen durch ETFs

Als ETF-Anleger profitiert man übrigens auch von Steuererleichterungen. Momentan zahlen ja die meisten in Deutschland 26,375 % Kapitalertragssteuer mit Solidaritätszuschlag – also wenn man den Freibetrag von momentan 801 Euro ausgereizt hat und jetzt nicht Geringverdiener wie wir Studenten ist.

Und wenn man in Aktien-ETFs investiert, kann man von einer Teilfreistellung Gebrauch machen, wodurch 30 % der Gewinne automatisch steuerfrei sind. Bei 15.000 Euro kann man so also beispielsweise schon über 1.000 Euro Steuern einsparen wenn man in einen ETF und nicht in Einzelaktien investiert.

Steuervergleich: ETFs mit Teilfreistellung vs. Einzelaktien ohne Teilfreistellung

Geld macht glücklich

Mit dem gesparten Geld kann man sich dann Bedingungen schaffen, die einen wirklich glücklich machen. Geld zu haben bedeutet also Freiheit, man kann sich selbst verwirklichen und in sich selbst investieren – bspw. durch Lesen oder ein Auslandsstudium.

Das erhöht die Lebenszufriedenheit und sorgt in der Summe dafür, dass man statistisch gesehen länger lebt und weniger oft krank ist. Außerdem kann man mit seinem Geld die Welt ein bisschen besser machen.

Fazit

Grundsätzlich finde ich es eine gute Sache, dass durch Finanzfluss immer mehr Menschen den Weg an die Börse finden und zu Investoren werden.  

Schade finde ich an dem Buch nur, dass es suggeriert, dass das der einzige Weg zum Vermögensaufbau ist. Was man aber meiner Meinung nach nicht vergessen darf, ist, dass sowohl Thomas von Finanzfluss als auch Anthony Robbins, der ja auch empfiehlt, die Börse zum Vermögensaufbau zu nutzen, selbst noch einen wichtigen Schritt dazwischen geschaltet haben. Denn sie sind keine Angestellten, sondern sind als Unternehmer aktiv, wodurch sie einen ganz anderen Hebel haben. Sie nutzen also eigentlich nicht die Börse zum Vermögensaufbau, sondern ihr Business und investieren dann das Geld an der Börse, um es zu vermehren. Also eigentlich das, was MJ DeMarco in seinen Büchern empfiehlt.

Also damit will ich das ETF-Sparen gar nicht schlecht reden. Aber ich finde, dass das ein wichtiger Punkt ist, der oft nicht bedacht wird.

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