In den USA gründen jedes Jahr mehr als eine Millionen Menschen ein Business. Die traurige Wahrheit ist aber, dass es nach einem Jahr bereits 40 % der Unternehmen nicht mehr gibt und nach 5 Jahren sind bereits 80 % davon wieder vom Markt verschwunden. Da hört es aber noch nicht auf. Denn nach weiteren 5 Jahren scheitern von den übrig gebliebenen Firmen wieder etwa 80 %. Von den ursprünglichen eine Millionen Gründungen sind nach 10 Jahren also nur noch etwa 40.000 übrig. 96 % sind also gescheitert.
Aber woran liegt das? Warum gehen so viele der Start-ups pleite und wie kann man es besser machen? Genau das gibt es heute mit Michael Gerbers Buch „The E-Myth Revisited*“.
The E-Myth
Dabei fängt alles schon vor der Unternehmensgründung an. Denn die meisten Menschen gründen ein Business nicht deshalb, weil sie ein visionärer Unternehmer sind. Die meisten gründen, weil sie nicht mehr für jemanden anderen arbeiten wollen. Damit machen dann Friseure, Klempner oder Buchhalter ihren eigenen Laden auf, um ihr eigener Chef zu sein.
Das Problem daran: Sie können zwar die technische Arbeit – also das Handwerk – wie Haare schneiden oder Kuchen backen, aber nicht das restliche Drumherum, was man für ein Business braucht. Und dann wachen sie relativ schnell in der Realität auf und sind im unternehmerischen Albtraum gefangen.
Die 3 Rollen eines Business-Inhabers
Denn insgesamt muss man nicht nur eine, sondern gleich drei Rollen übernehmen:
1. Unternehmer (The Entrepreneur)
Das ist der innere Träumer und Visionär. Er lebt in der Zukunft, stellt sich gerne das „Was wäre wenn“ vor und sehnt sich nach Veränderung
2. Manager (The Manager)
Er ist praktisch orientiert und sehnt sich nach Ordnung und Struktur. Er lebt in der Vergangenheit und hält gerne am Status quo fest.
3. Techniker (The Technician)
Er ist der Überzeugung, dass wenn man etwas richtig gemacht haben will, man es selber machen sollte. Er lebt in der Gegenwart und macht die Dinge.
Ungleichgewicht der Rollen
Jeder von uns hat diese drei Rollen in sich. Das Problem ist nur, dass zwischen ihnen oft kein Gleichgewicht herrscht. So sind die meisten Gründer von kleinen Unternehmen zu 70 % Techniker, zu 20 % Manager und nur zu 10 % Unternehmer. Der Techniker hat also das Sagen.
Dazu schreibt der Autor:
„[…] the people who own small businesses in this country work fax [sic!] more than they should for the return they’re getting.”
Die 3 Phasen des Unternehmenslebens
Der Techniker will aber ohne Veränderungen oder ohne der Kontrolle des Managements leben. Ein Unternehmen, das statisch ist, ist aber zum Scheitern verurteilt. Denn das Überleben des Unternehmens hängt von Wachstum und der Fähigkeit ab, die drei Phasen des Unternehmenslebens zu durchlaufen:
1. Kindheit (Infancy)
In der Anfangsphase arbeitet der frisch gewordene Unternehmer ununterbrochen an seinem Business. Mehr als 10 Stunden pro Tag und auch am Wochenende. Ohne den Gründer existiert das Unternehmen also nicht. Problematisch wird es dann, wenn es mehr Arbeit gibt, als der Inhaber erledigen kann. Gerber vergleicht das mit einem Jongleur, der anfangs noch mit allen Bällen zurechtkommt – was sich aber bald ändern wird.
2. Jugendzeit (Adolescence)
Das Kleinkindalter endet, wenn der Gründer feststellt, dass er ohne Hilfe nicht weiterkommt. Jetzt beginnt das Teenageralter mit Pubertät. Der gestresste Gründer holt sich den ersten Mitarbeiter, um bei den Aufgaben entlastet zu werden. Der Inhaber gibt Autorität und Kontrolle an den neuen Mitarbeiter ab, indem Aufgaben und Funktionen delegiert werden - was so lange funktioniert, bis der neue Mitarbeiter kündigt oder entlassen werden muss, weil er zu wenig leistet.
3. Erwachsenenalter (Maturity)
Unternehmen wie Federal Express, Disney und McDonald's sind gute Beispiele für reife Unternehmen, die die dritte, erwachsene Stufe der Unternehmensentwicklung erreicht haben. Diese Unternehmen haben ein klares Ziel vor Augen und passende Systeme und Prozesse. Während der Techniker sich auf das Produkt konzentriert und darauf, im Unternehmen zu arbeiten, setzt ein ausgereiftes Unternehmen darauf ein ideales Unternehmensmodell zu erschaffen und darauf hinzuarbeiten. Es wird also am und nicht im Unternehmen gearbeitet.
Das erfolgreichste Kleinunternehmer der Welt
Das Paradebeispiel dafür ist McDonald's, das als „das erfolgreichste Kleinunternehmen der Welt“ bezeichnet wird. Ursprünglich von den McDonald-Brüdern gestartet, wurde es durch Ray Kroc zu einer der größten Restaurantkette der Welt mit einem Jahresumsatz von mehr als 20 Milliarden US-Dollar. Zu McDonald’s gibt es übrigens den Film „The Founder“, der die Entstehungsgeschichte aufgreift.
McDonald's steht dabei aber nicht nur für den Erfolg von Franchisesystemen, sondern auch für gut ausgeführte Systeme und Prozesse. Und genau das sollte man laut Michael Gerber auch mit seinem Business machen. Sprich: Es so gestalten als würde man ein Franchise daraus machen wollen – was aber natürlich nicht heißt, dass daraus auch ein Franchise werden soll. Aber viele Kleinunternehmer vermischen ihr Privatleben mit dem Business, besser gesagt: sie sind das Business – denn ohne sie geht nichts. Wenn das Unternehmen aber von einem abhängt, hat man kein Unternehmen, sondern einen Job. Und das ist der schlimmste Job der Welt, denn man arbeitet für einen Verrückten – so zumindest der Autor.
Auswirkungen eines Prototypen
Um das zu verhindern, braucht man folgendes:
- Ein Geschäftsmodell, das auf den zentralen Werten des Unternehmens basiert
- Ein System, bei dem Mitarbeiter mit den geringstmöglichen Fähigkeiten arbeiten können – ähnlich wie bei McDonald‘s . Auf diese Weise entsteht ein Unternehmen, das sich auf Systeme stützt und nicht auf Experten oder talentierte Einzelpersonen. Dazu schreibt der Autor:
"Great businesses are not built by extraordinary people but by ordinary people doing extraordinary things."
- Das Modell wird zu einem Musterbeispiel für einwandfreie Ordnung
- Alles in Handbüchern dokumentieren
- Einheitliche Dienstleistungen und Produkte für den Kunden So berichtet der Autor bspw. von einem Friseurbesuch, bei dem er einmal einen Kaffee angeboten bekommen hat und ein anderes Mal gab es plötzlich Wein. Einmal wurden seine Haare gewaschen, das andere Mal nicht. Deshalb: Einheitliche Standards definieren, damit die Kunden wissen, was sie erwartet.
- Kleiderordnung festlegen, sowie Standards für die Gestaltung von Geschäften und Büros
3 Schritte zum Erfolg
Grundsätzlich gibt es drei Schritte, die man immer wieder durchläuft:
1. Innovation
Hier sollte man ständig nach neuen Wegen suchen, um den Kunden die beste Leistung zu liefern. Dabei kann es bereits eine Innovation sein, wenn man die Kunden im Laden nicht fragt ob man ihnen helfen kann, sondern stattdessen fragt ob sie denn schon mal hier waren.
2. Quantifizierung
Wie gut die Innovationen funktionieren, muss man aber auch messen. Und hier kommt Quantifizierung ins Spiel. Man misst also alles anhand von Zahlen und Benchmarks und stellt sich Fragen wie
- Zu welcher Uhrzeit kommen die meisten Kunden?
- Was kaufen sie ein?
- Was für einen Warenwert hat man pro Person?
- Wie alt sind die Kunden?
- Woher kommen sie?
Hat man als Gründer keinen Überblick über die Zahlen, ist man eigentlich komplett ahnungslos und kann nur hoffen.
3. Orchestrierung
Orchestrierung ist dann die Ausführung der Systeme und Prozesse. Hat man also bspw. festgestellt, dass blaue Anzüge zu mehr Umsatz führen als braune, tragen die Angestellten von nun an nur noch blaue Anzüge. Oder hat man festgestellt, dass eine bestimmte Art von Begrüßung am Telefon sehr gut funktioniert, wird das in einem Telefonskript festgehalten, an das sich jeder halten muss.
Einen Prototyp erstellen
Um selbst einen Prototyp zu erstellen, sollte sich sein eigenes Unternehmen so vorstellen, als wäre es die Grundlage für weitere 5.000 Einheiten. Hier stellt man sich folgende Fragen:
1. Was ist das Hauptziel?
Also wie will man in Erinnerung bleiben und was will man erreichen?
2. Was ist das strategische Ziel?
Was sind die Standards und wer sind die Kunden?
3. Wie sieht die Organisationsstrategie aus?
Wie sieht das Organigramm aus?
Was sind die Hauptfunktionen der einzelnen Stellen?
Wie kann man sich selbst ersetzen?
4. Wie sieht der Managementplan aus?
Wie werden die Manager geschult?
Und stimmen die Handbücher mit den Marketing- und Kundendienstzielen überein?
5. Was ist mit der Personalstrategie?
Wie wird Personal geschult?
Wie werden Mitarbeiter motiviert und fit gehalten?
6. Wie sieht das Marketingprogramm aus?
Was erwarten die Kunden?
Gibt es unausgesprochenen Bedürfnisse?
Wie treffen Ihre Kunden Kaufentscheidungen?
Strategien und Systeme
Man erstellt für sein Unternehmen also eine ganz klare Strategie und Systeme, an die sich jeder Mitarbeiter halten muss. Und damit kann man dann ein Unternehmen schaffen, das hoffentlich nicht zu den 96 % gehört, die in den ersten 10 Jahren scheitern.